Mittwoch, 26. April 2023

1995

CHRISTOPHER FRANK

Borna. Der Junge, der am 18. April 1995 wie jeden Tag mit seiner Großmutter im Bornaer Wohngebiet An der Wyhra das Haus verlässt, um in den Kindergarten zu gehen, heißt Christopher Frank und ist erst zwei Jahre alt. Dort allerdings kommt er nie an. Als ihn die Oma für eine kurzen Moment aus den Augen lässt, ist er weg. 

Bis heute ist er verschwunden und gehört zu den ungelösten Vermisstenfällen, wie Polizeisprecher Uwe Voigt bestätigt. Einer der spektakulärsten Vermisstenfälle in den letzten Jahrzehnten in Borna. Stundenlange Suche nach dem kleinen Christopher lautet die Titelzeile in der Bornaer LVZ-Ausgabe vom 19. April 1995. Von nun an werden wochenlang Meldungen über den verschwundenen Jungen in der Zeitung stehen. 

Es folgt eine aufwendige Suche nach dem Kind, das sich bei den morgendlichen Gängen zum Kindergarten mit seiner Oma jeden Tag unter einem bestimmten Balkon versteckt hatte. Ein alltäglicher Spaß für den Jungen, weshalb ihn die Oma auch am 18. April dort vermutet - ihn aber nicht findet. Nachdem sie ihren Enkel kurz nach acht Uhr bei der Polizei als vermisst gemeldet hat, beginnt die Suche. 

Ein Großaufgebot an Suchkräften rückt an - Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei in Leipzig, Taucher, die sächsische Hubschrauberstaffel und Feuerwehrleute. Sie durchkämmen das Wohngebiet, seinerzeit im Volksmund wie schon zu DDR-Zeiten Paschke-Viertel genannt, und das Gebiet um die nahe Wyhra. Heraus kommt bei der Suche nichts, auch wenn sich ein älterer Herr am Nachmittag bei der Polizei meldet und erklärt, er habe den vermissten Jungen an der Wyhrabrücke gesehen und nach Hause gebracht. Das traf aber nicht zu und muss wohl der Einbildung des alten Herrn entsprungen sein.

Bis heute, habe nicht abschließend geklärt werden können, was letztlich mit dem Jungen passierte. Und weiter: Es gibt in jedem Vermisstenfall den Punkt, an dem alle Ermittlungen und Suchmaßnahmen erschöpft sind. Das sei auch im Fall Christopher Frank so gewesen. Damals erklärte die Polizei, daß der Junge in die Wyhra gefallen sei, die zu dieser Zeit Hochwasser führte. Eine Leiche wird allerdings nie gefunden. Die Familie des Jungen hingegen geht von einer Entführung aus. Die Großmutter und ihre Tochter ziehen später aus Borna weg, weil sie es in der Stadt nicht mehr aushalten.

Neue Erkenntnisse hat die Polizei im Fall Christopher seither nicht gewonnen, sagt Polizeisprecher Voigt. Der Fall bleibe aber in den Akten, und zwar mindestens 30 Jahre. Im konkreten Fall auch länger, weil der Junge zum Zeitpunkt seines Verschwindens noch sehr jung war. Voigt: Die Fahndung bleibt über diesen Zeitraum im polizeilichen Datenbestand. Zudem seien die Identifizierungsunterlagen, etwa eine Vergleichs-DNA, in die Datei des Landeskriminalamtes eingestellt. Ein Funke Hoffnung bleibt immer. Die gebe es, sagt Voigt - solange die Person im Idealfall lebend oder letztlich auch tot aufgefunden worden ist. 


TILL KRATZSCH

Berlin. Am 14. Juli 1995 begleitete der Schüler Till Kratzsch (13) einen Freund aus Bielefeld zum Bahnhof Zoo. Dann verlor sich seine Spur. Seit dieser Zeit sucht Kriminalhauptkommissar Rainer Horwath von der Vermisstenstelle des Landeskriminalamtes nach dem Jungen. Die Hoffnung, daß Till Kratzsch noch lebt, teilt der Ermittler mit der Mutter des Vermissten. 

Als Till Kratzsch verschwand, war seine Mutter wie vor den Kopf gestoßen. Wir haben immer offen miteinander gesprochen, sagt Claudia Kratzsch, und hatten ein ziemlich verbindliches Verhältnis. Doch heute glaube ich, daß Till sensibler dafür war, daß in meiner damaligen Beziehung etwas nicht stimmte.

Besonders zwei Hinweise von Zeugen hält Horwath für glaubhafte Anhaltspunkte, daß sich Till Kratzsch zwischenzeitlich in der Punkerszene aufgehalten hat. Im Sommer 1997 will ein 18jähriger Mann aus Landsberg am Lech den Vermissten am Mannheimer Hauptbahnhof getroffen und dann in einer Fahndungssendung im Fernsehen wiedererkannt haben. Der Zeuge berichtete, der junge Mann habe ihm erzählt, daß er den Winter auf Korsika verbringen wolle. Und er habe ihm einen Zettel überreicht, auf den er Strichmännchen gemalt hatte - genau solche, wie sie Till Kratzsch zu zeichnen pflegt.

Die zweite Spur: Es meldeten sich zwei Frauen bei der Polizei. In der Nähe der damaligen Wagenburg am Bethaniendamm in Kreuzberg begegneten sie einem jungen Mann im Punker-Outfit, den eine der Frauen zunächst für ihren Stiefbruder hielt. Der Irrtum klärte sich schnell auf. Es war ein anderer. Aber der Stiefbruder sieht Till Kratzsch zum Verwechseln ähnlich.

Personenbeschreibung:

Größe: 1,64 Meter, kurze krause braune Haare, blaue Augen. Besondere Merkmale: Narbe zwischen den dicht zusammengewachsenen Augenbrauen.

Bekleidung: schwarze Hose, schwarzer Kapuzenpullover und weiße Turnschuhe. Er führte einen blauen Rucksack Marke Eastpak und einen Sony-Walkman mit sich.

Wenn Sie:

Till gesehen haben, etwas von Till gehört haben, Angaben zu Till's Verschwinden machen können, Angaben zu Till's derzeitigem Aufenthaltsort machen können oder sonstige Hinweise geben können, wenden Sie sich bitte unverzüglich an bei einer Polizeidienststelle.


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